In Rüsselsheim ermittelt die Polizei. Dort wurde eine lebensgroße Weihnachtskrippe geschändet. Einigen der Figuren wurde der Kopf abgeschlagen. Gliedmaßen fehlen ebenfalls und mindestens zwei der Styroporfiguren liegen rücklings umgestoßen auf dem Boden. Alle Figuren der Krippe, ja sogar der Esel, haben etwas abbekommen. Nicht zu erkennen ist, wo das Jesus Kind verblieben ist. Ob der umgefallene Josef Maria und ihrem Kind Schutz zu gewähren versucht hat, lässt sich anhand des Bildmaterials nur erahnen.
Wer die gruselige Szene vor Augen hat, könnte denken, dass hier der Blitz eingeschlagen hat oder noch viel schlimmer. Wer macht so etwas und warum ? Ohne gehörigen Kraftaufwand ging es bestimmt nicht, eine solch mutwillige Spur der Verwüstung zu hinterlassen. Es bleibt in jedem Fall zu hoffen, dass der Fall zügig gelöst und aufgeklärt wird, auch um Spekulationen oder Vorverurteilungen entgegenzutreten.
Eine solche Tat ist deswegen so verabscheuungswürdig und bitter, weil sie mehr ist als eine grobe Sachbeschädigung, was ja schon schlimm genug wäre. In jedem Fall ist die Tat ein feiger Angriff auf die Gefühle und Überzeugungen derjenigen, für die die Weihnachts-botschaft existentielle Bedeutung hat. Die Tat versucht die Hoffnung und den Frieden der Weihnacht zu zerstören und lässt einen sprachlos und wütend zurück.
Die Krippe ist für Christenmenschen auch ein hohes Kulturgut und feiert in diesem Jahr ihren 800. Geburtstag. Als Erfinder der Krippe gilt der heilige Franziskus. Es war seine geniale Idee, die Weihnachtsgeschichte lebendig werden zu lassen. In einem kleinen Bergdorf in seiner italienischen Heimat wurde am Weihnachtsabend 1223 in einer Höhle eine Futterkrippe mit Heu ausgelegt. Ochs und Esel waren zugegen. Vielen Menschen kamen dorthin und feierten die Menschwerdung Gottes. In der Abgelegenheit der Höhle sollten die Menschen mit allen Sinnen wahrnehmen, was geschehen ist. „Ich möchte das alles mit leiblichen Augen schauen“, soll Franziskus gesagt haben. Dort, wo vor 800 Jahren die erste Krippe aufgebaut wurde, steht nun eine Kirche. Bis auf den heutigen Tag möchte Gott durch Jesus Christus auch in den letzten Winkel dieser Welt zu den Menschen kommen. Gerade und ganz besonders auch dorthin, wo die Welt in Trümmern liegt so wie die Krippe in Rüsselsheim.
Zerstörungswut und böse Gedanken, Krieg und Gewalt halten die himmlischen Heerscharen auch in diesem Jahr nicht auf, von der Geburt Jesu zu künden. „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens.“ (Lukas 2,14a). Frieden muss werden.
Das Kind in der Krippe erinnert daran.
Thomas Kersten,
Superintendent im Kirchenkreis Rhauderfehn