Ein älteres Paar liegt nebeneinander im Bett. Der Mann wacht auf. Er macht die Lampe auf dem Nachttisch an und sieht auf die Uhr. Sein Gesicht zeigt Zweifel. Er geht nach nebenan ins Esszimmer. Auch hier macht er das Licht an und sieht auf die Uhr an der Wand. Die Zweifel in seinem Gesicht werden größer. Er geht nun in die Küche und betätigt dort den Lichtschalter. Die Küchenuhr zeigt dieselbe Zeit wie die Uhr im Wohnzimmer. Er eilt ins Schlafzimmer und weckt seine Frau mit den Worten: „Alle Uhren zeigen 8 Uhr. Das kann doch gar nicht sein, oder?“
„Nein, du musst dich irren“ antwortet sie. „Sieh doch mal raus!“ „Doch, es stimmt“ sagt er. Nun sieht auch die Frau auf ihren Wecker und dann auf ihre Armbanduhr, die Zeiger stehen auf 8 Uhr. Auch in ihr Gesicht zeigt nun Zweifel. Beide gehen zum Fenster, durch das Licht einer Straßenlaterne fällt. Sie sehen hinaus. Auf der Straße haben sich viele Menschen aus der Nachbarschaft versammelt. Sie stehen in Gruppen zusammen und reden. In den Gesichtern sieht man Unglauben, Erstaunen, bei manchen Angst.
Mit dieser Szene beginnt ein Kurzfilm, den ich vor vielen Jahren gesehen habe.
Und so geht es in diesem Film weiter:
Das Ehepaar geht nun ebenfalls nach draußen auf die Straße. Eine schöne Straße in einer Kleinstadt. Gepflegte Grundstücke und Häuser, eine wohlhabende Gegend. Typisch für Orte im reichen Nordosten der USA, es dürften die 1960er Jahre sein. Der Zuschauer hört Gesprächsfetzen, spürt Aufregung. Es gibt nun keinen Zweifel mehr: Alle stellen fest, dass es mittlerweile an diesem Morgen einige Minuten nach 8 Uhr ist. Aber etwas ist anders als an anderen Tagen:
Es ist dunkel. Die Sonne ist an diesem Tag nicht aufgegangen.
Die Menschen auf der Straße begeben sich zum nahen Strand und blicken auf das Meer. Der Zuschauer spürt ihre Angst und immer mehr ihr Entsetzen. Viele weinen, viele beten, teils auf den Knien. Sie blicken angestrengt nach Osten, zum Teil mit Ferngläsern. Als sich nach vielen Stunden der Schimmer der Sonne am Horizont zeigt, überträgt sich der Aufschrei der Erleichterung auf den Zuschauer.
Der Film hat mich sehr beeindruckt. Vor allem übertrug sich das Gefühl, wie abhängig das Leben von Licht und Sonne ist. Und was es heißt, wenn etwas so alltägliches und selbstverständliches wie der Sonnenaufgang ausbleibt. Ein Satz fiel und fällt mir dazu ein:
Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht.
Gott sagt das zu Noah, als er aus der Arche kommt. Was für eine Zusage! Ich bin für euch da, ich sorge für euch. Ich schaffe die Grundlagen für euer Leben. Ernte-Dank. Ihm, Gott haben wir etwas zu verdanken. Es ist gut, sich darauf verlassen zu können.
Hartmut Kutsche
Pastor i.R.