Tagesspruch: Einen anderen Grund kann niemand legen als den, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus (1.Korinther 3,11).
Neulich fragte ich meine Konfirmanden, warum wir unsere Kirchengemeinde eigentlich „Evangelisch-Lutherisch“ nennen. „Na, wegen Martin Luther“, sagte einer daraufhin. „Richtig“, antwortete ich, und was hat der gemacht?“ „Der hat die Bibel übersetzt“. „Auch richtig. Und was hat er sonst noch getan“? Schweigen. Keiner konnte mir darauf zunächst eine Antwort geben. Als ich dann fragte, was denn der 31.Oktober für ein Feiertag sei, schnellten ganz viele Arme noch oben und einige riefen es laut aus, bevor ich jemanden drannehmen konnte: „Halloween!“. Erst auf nochmalige Nachfrage wusste wenigstens einer, dass der Mönch Martin Luther am 31.Oktober 1517 seine 95 Thesen zur Erneuerung der Kirche veröffentlicht und damit die Reformationsbewegung in Gang gesetzt hat.
Reformationstag – obwohl in Niedersachsen mittlerweile ein gesetztlicher Feiertag - ein von vielen vergessener Feiertag, genauso wie der Epiphaniastag (6.1.), der Michaelistag (29.9.) oder der Buß- und Bettag (immer der Mittwoch zwischen Volkstrauertag und Totensonntag). Früher wurde der Reformationstag von der Evangelischen Kirche vor allem dazu genutzt, sich der Fundamente ihres Glaubens zu vergewissern und sich von der katholischen Kirche abzugrenzen. Ersteres möchte der Reformationstag auch heute noch tun – deshalb auch der Tagesspruch aus dem 1.Korintherbrief. Allein Jesus Christus ist Grund unseres Glaubens und unserer Hoffnung. Letzteres – die Abgrenzung von der katholischen Kirche - ist heute in der Regel und Gott sei Dank kein Thema mehr an diesem Tag. Im Gegenteil, vielerorts wird der Reformationstag zu ökumenischen Andachten und Gesprächskreisen genutzt. Denn in einer Zeit, in der der christliche Glaube immer mehr in die Defensive gerät, ist es enorm wichtig, dass sich die Christen aller Konfessionen enger zusammenschließen, um glaubwürdige Zeugen der frohen Botschaft unseres Herrn zu sein. Große Herausforderungen sind uns gestellt: Welche Antworten haben wir zu bieten, wenn uns junge Menschen nach dem Sinn und dem Ziel ihres Lebens fragen? Was tun wir angesichts der globalen Veränderungen und Krisen als Kirchen und in den Gemeinden vor Ort?
Was außerdem in den Jahrhunderten der Kirchenspaltung fast vergessen wurde, ist doch dies: Martin Luther wollte mit seinem mutigen Akt keine neue Kirche gründen, sondern die eine Kirche erneuern, eben re-formieren. Und eine solche Erneuerung, die hat heute sowohl die evangelische als auch die katholische Kirche bitter nötig – z.B. durch eine Rückbesinnung auf den, der von Bürokratie, steifen Satzungen und dem Rückzug in das Schneckenhaus religiösen Wohlgefühls, das den Nächsten vergißt, überhaupt nichts hielt, nämlich auf unsern Bruder, Herrn und Heiland Jesus Christus. Beten wir doch darum, dass er uns durch seinen Geist ermutigt und beflügelt, damit der sooft vernachlässigte oder vergessene Erneuerungsgedanke der Reformation wieder stärker in unsreren Kirchen und Gemeinden zum Tragen kommt.
Florian Bortfeldt, Pastor in Idafehn