Ich habe nur einen Namen gehört und fühlte mich sofort in die Schulzeit zurückversetzt. Und eine Szene aus dem Klassenraum war plötzlich wieder präsent. Die ist aber weniger schön. Die behalte ich lieber für mich.
Seit dem Abitur sind 37 Jahre vergangen. Ich war ein mittelmäßiger Schüler auf dem Gymnasium. Auf dem Gymnasium bewegten sich meine Noten häufig zwischen 3 und 4. Was im Notensystem ja die Mitte ist. Bei einer 3 war ich meist zufrieden. Mit einer 4 war ich es auch, wenn es in einem Fach war, das ich nicht so konnte.
Vorher war das anders. In der Grundschule und in der Orientierungsstufe brachte ich gute bis sehr gute Noten nach Hause. Hatte ich eine 2+, war der erste Kommentar im Elternhaus: Warum ist das keine 1? Und erst der zweite Satz: Das hast du gut gemacht! Das hat mich geprägt und lange bin ich mit dem Gefühl herumgelaufen, dass ich nicht gut genug bin.
Bekanntlich kann man an beiden Seiten vom Pferd fallen. Ich gehöre zu denen, die ihr Licht unter den Scheffel stellen. Häufig. Ich kann mittlerweile auch das andere. Mich größer sehen als ich bin.
Da bin ich in guter Gesellschaft.
Die Christen in Korinth im ersten Jahrhundert nach Christus haben begeistert den christlichen Glauben angenommen. Sie fühlten sich wie geistliche Superhelden. Und haben dabei jedes Maß verloren. Der 1. Korintherbrief des Paulus gibt Zeugnis davon, wie er die korinthischen Christen wieder versucht auf den Teppich zu holen. Er schreibt ihnen (ins Stammbuch). „Denn ich sage durch die Gnade, die mir gegeben ist, jedem unter euch, dass niemand mehr von sich halte, als sich’s gebührt, sondern dass er maßvoll von sich halte, wie Gott einem jeden zugeteilt hat das Maß des Glaubens.“ (Römer 12,3).
Maßvoll von sich halten, das ist eine Kunst. Sich nicht größer machen und sich über andere erheben. Sich nicht kleiner machen und sich damit aus der Verantwortung zu stehlen. Das verstehe ich hier unter Mittelmaß: nicht mittelmäßig, sondern genau im richten Maß. Wie ein Puzzlestück, dass für sich unscheinbar und unwichtig scheint. Doch wehe, es fehlt auch nur ein Stück.
Es geht nicht darum, dass wir uns mit anderen messen, sondern das wir unser Maß und unseren Platz finden. Paulus beschreibt die christliche Gemeinde als einen Körper. Jeder Christ ist ein Körperteil. Alle sind unterschiedlich und werden alle gebraucht. Wo ist dein Platz?
Frerich Dreesch-Rosendahl,
Pastor der Dreieinigkeitskirchengemeinde Rhauderfehn.