Moin,
am kommenden Dienstag, den 1. Oktober, begehen wir den „Tag des älteren Menschen“. Wussten Sie das? Es ist einer der vielen Gedenktage, die im Laufe eines Jahres vorkommen. Viele ziehen relativ wirkungslos an mir vorbei, doch diesen halte ich gesellschaftlich für bemerkenswert. Warum?
Ist es nicht so: Alt werden will jeder, aber alt sein will niemand? Als Pastor für Altenseelsorge habe ich reichlich Erfahrungen zum Thema: „Alt werden, alt sein“ gesammelt. Als Jugendliche, da wollten wir älter aussehen und älter wirken, als wir in Wirklichkeit waren. Doch schon bald ändert sich unsere Einstellung. Wir haben keine Freude am Alter und am Alt werden. Was machen wir nicht alles, um unser Altern zu verbergen? Wir verdrängen die Probleme des Alterns, solange es geht. Nach außen geben wir uns jugendlich, versuchen das Altern hinauszuzögern oder zu übertünchen – mit harmlosen Mittelchen wie Kosmetik oder Haare färben. Manche, denen der Blick in den Spiegel schwer geworden ist, weil sie ein gealtertes Gesicht sehen, erzwingen etwas mehr Jugendlichkeit mit einer Schönheitsoperation. Andere trainieren über die Maßen oder versuchen den natürlichen Prozess des Alterns durch ein übertrieben gesundes Leben zu verlangsamen. Verständlich ist der Wunsch nach einem Alter, das sich nicht danach anfühlt, der Wunsch, Altersgebrechen und Alterskrankheiten zu vermeiden. Ja, dieser Wunsch ist groß und er ist mehr als verständlich.
„Altern ist nichts für Feiglinge“ heißt der Titel eines Buches des Schauspielers Joachim Fuchsberger. Ich glaube, man kann es wohl nicht besser ausdrücken.
Das Altern stellt alles in Frage, was unser bisheriges Leben ausgemacht hat, was uns Sicherheit gegeben hat. Es erschüttert unseren Lebensrhythmus, unsere Belastbarkeit, unsere Lebensleistung, unsere Selbstwahrnehmung, unsere Beziehungen. Menschen um uns herum sterben, die so lange zu unserem Leben gehört hatten. Wir hadern wegen der Dinge, die wir nicht mehr so können wie früher. Unangenehme Fragen kommen hoch: Was habe ich im Leben erreicht, was bleibt, was hätte ich anders machen sollen? Welchen Sinn hat all mein Bemühen?
Ich glaube, es ist immer wieder sinnvoll, diese Fragen nach meinem bisherigen Lebensweg und dem Sinn meines Lebens zu stellen und das nicht nur mit Blick auf den Tag des älteren Menschen.
Was nehme ich daraus mit? Altern gehört zum Leben. Schon mit der Geburt beginnt das Altern. Daran kann ich nichts ändern. ABER: Das Altern mahnt mich, jeden einzelnen Tag meines Lebens zu nutzen, wert zu schätzen und zu genießen. Denn Gott ist es, der von Anfang bis zum Ende mir zur Seite steht. Bei Jesaja 46 sagt uns Gott zu: „Auch bis in euer Alter bin ich derselbe, und ich will euch tragen, bis ihr grau werdet. Ich habe es getan; ich will heben und tragen und erretten.“
Ich wünsche Ihnen eine gesegnete und erfüllte Zeit!
Ihr
Dr. Klaus Bajohr-Mau, Altenseelsorge Rhauderfehn