„Sie wird schon sehen, was sie davon hat!“ sagt er trotzig, nein, ruft es laut. Er ist so aufgebracht, dass er es garnicht schafft, der Reihe nach zu erzählen. Seine Ex hat er aber sofort im Verdacht. Morgens im Dunkel wollte er zur Arbeit, pünktlich um 6.15 Uhr, jede Minute ist verplant in der Morgenroutine. Beim Einsteigen kam es ihm schon komisch vor, aber gemerkt hat er es erst, als er losfahren wollte. Vier platte Reifen. Dazu eine verkratzte Seitentür. Nicht nur ein einzelner Streifen, von vorne nach hinten mit dem Schlüssel in den Lack gekratzt, nein, es sind viele einzelne Schrammen, von oben nach unten, fein säuberlich nebeneinander eingeritzt. „Da hat sie sich mal ausnahmsweise Mühe gegeben“ ist sein gehässiger Kommentar, denn wer sollte es sonst gewesen sein, wenn nicht seine Ex. „Aber Rache ist süß!“ kündigt er an und malt aus, was er im Gegenzug mit ihrem Wagen anstellen wird.
Das Böse tarnt sich. Als Kraft. Während andere nur deprimiert zusammensacken, und ein Häuflein Elend darstellen, kommt das Böse, bringt Zorn mit, zerstörerische Pläne und die Kraft des „jetzt“. Je weniger Zeit, darüber nachzudenken, desto destruktiver wird die Reaktion.
Das Böse tarnt sich als Kraft. In Star Wars versucht Darth Vader seinen Sohn Luke zur Dunklen Seite der Macht zu ziehen. Er verspricht ihm grenzenlose Kraft, die die dunkle Seite mit sich bringt. Und erstellt seinem Sohn in Aussicht, über die Galaxie zu herrschen und so Frieden und Ordnung herzustellen. Doch für diesen Frieden geht Darth Vader über Leichen ganzer Planeten.
Uralt sind diese Gedankenspiele, die Epoche ist immer wieder eine neue: fremde Planeten, Raumschiffe oder auch ein antiker Brief an die Römer, der es schaffte, in die Bibel aufgenommen zu werden. Die Botschaft ist top aktuell: Zorn verleiht zunächst Kraft, doch schnell nehmen negative Gedanken überhand und ergreifen dann die Macht. Vor 2000 schreibt Paulus: „Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem“ (Römerbrief 12,21).
Weise Worte, doch was soll unser armer Mann jetzt tun, dessen Auto so übel zugerichtet wurde?
-Hoffentlich muss die Übeltäterin (oder wer auch immer das getan hat) hungern und dürsten! Denn dann hätte der Geschädigte die Möglichkeit, einen Rat des Paulus in die Tat umzusetzen: „wenn dein Feind hungert, so gib ihm zu essen; dürstet ihn, so gib ihm zu trinken“ (Vers 20). Wer, anstatt Rache zu üben, diesen Tipp befolgt, hat die echte Chance, einen Teufelskreis zu unterbrechen und einen Neubeginn zu starten. Denn wer mir in existenzieller Not geholfen hat, dem steche ich danach doch nicht mehr die Reifen platt. „Ist´s möglich, soviel an euch liegt, so habt mit allen Menschen Frieden“ (Vers 18).
So zeigen Paulus (im antiken Brief) und Krieg der Sterne (in interplanetarer Dimension) den Weg zum Frieden für mich und für dich.
Torben Weinz, Collinghorst