Frühjahrszeit ist mal wieder Streikzeit. Die Deutsche Bahn wird bestreikt, die Lufthansa und der Öffentliche Nahverkehr. Jetzt oder schon bald werden wieder in vielen Arbeitsbereichen Kompromisse gesucht. Ich hätte da jetzt schon einen Kompromißvorschlag, und zwar einen aus der Bibel. Im Gleichnis von den „Arbeitern im Weinberg“ (Matthäus 20, 1-16) gibt es für alle den gleichen Lohn, egal, ob sie den ganzen Tag geschuftet oder nur eine Stunde gearbeitet haben. Das wäre doch etwas: Nicht die 28-, 35- oder 38,5-Stunden-Woche, nicht 12,41 € für die einen und 60 € für die anderen in der Stunde, sondern Festlohn für alle, egal ob sie 1 Stunde oder 10 Stunden am Tag arbeiten. Dann würde es allen gut gehen, jeder arbeitet so viel, wie es ihm möglich ist und kriegt genug Geld zum Leben.
Aber, liebe Leserinnen und Leser - sie ahnen es längst – dies ist natürlich zu schön um wahr zu sein. Denn eine Kommune oder ein Geschäftsmann, die so handeln würden, wären schon nach kürzester Zeit handlungsunfähig oder pleite. Denn schon am zweiten Tag würden alle Arbeiter nur noch kurz vor Feierabend kommen.
Doch Jesus will mit seinem Gleichnis natürlich gar keine neuen Maßstäbe für unser Lohn- und Gehaltsystem aufstellen. Jesus war kein Träumer. Vielmehr will er den scharfen Gegensatz zwischen Gottes Handeln und dem normalen Tun eines menschlichen Betriebschefs herausstellen. Es ist ein Gleichnis, das uns vor allem eines sagen will: Wie Gott ist, genauer, wie er zu uns ist, wie er sich uns gegenüber verhält. Die Güte Gottes, die gibt es auch dann, wenn wir nicht immer oder sehr wenig in der Lage sind, etwas zu tun. Das entläßt uns nicht aus unserer Verantwortung für diese Welt, aber es befreit und macht froh zu wissen, ich muß nicht, aber ich darf Gott dienen! Religion hat eben nichts mit Leistung zu tun! Wie gut, dass unser Gott so ist wie er ist. Eben wie der Weinbergbesitzer, der ständig Leute für seinen Weinberg sucht. Er macht den ersten Schritt auf uns zu, geht uns immer entgegen - und er geht uns sogar hinterher, wenn wir einmal den geistlichen Rückwärtsgang eingelegt haben, was leider auch manchmal zu jedem Christenleben gehört. Und mehr noch, er traut uns etwas zu, mit uns oft gar nicht vorbildhaften Menschen will er sein Reich bauen. Mit diesem Gott lohnt es sich zu leben, vor ihm verblassen alle menschlichen Lohn- und Gerechtigkeitsvorstellungen. Gottes Tarif ist eben anders. Diese Welt versteht ihn nicht. Wer sich aber auf diesen Tarif einläßt, der wird beschenkt, gerät ins Staunen und kann es dann gar nicht lassen, in Gottes Weinberg zu arbeiten.
Pastor Florian Bortfeldt, Idafehn