Heute wird dein Name verlesen. Eine Kerze wird für dich brennen. Wir erinnern uns an dich. Das ist tröstlich. Aber eigentlich hätte ich dich noch gerne hier. Wie oft in den letzten Wochen bin ich an deinem Haus langefahren und habe gedacht: Ich muss dich bald wieder besuchen. Bis mich der Schrecken einholte: Du bist nicht mehr da. Seitdem du gestorben bist, habe ich so manches Mal vergessen, dass du nicht mehr lebst. Ich wollte dich zum Geburtstag einladen. Aber dein Platz blieb frei. Im Sommer dachte ich manches Mal, dass du bei dem schönen Wetter bestimmt mit dem Fahrrad unterwegs bist und war gespannt, ob es gleich klingelt. Aber die Realität holte mich jedes Mal ein: Das alles sind nur noch schöne Erinnerungen an dich und die Zeit mit dir. Erinnerungen, die heute im Gottesdienst aufleuchten, wenn das Licht deiner Kerze brennt unter all den anderen. Dein Name wird nicht der einzige sein. Er reiht sich ein in die Liste derer, die in diesem Jahr von uns gegangen sind. Er, der immer einen Plan hatte und für alle da war. Sie, von der man so viel lernen konnte und die immer einen Rat hatte, auch nachts. Er, der sich am Ende des Lebens so quälen musste oder sie, die so plötzlich und viel zu jung aus dem Leben gerissen wurde. Nun gibt es niemanden mehr, der noch Socken stricken kann. Keiner trinkt seinen Tee mehr mit drei Kluntje und großer Sahnehaube. Ihr schallendes Lachen klingt noch so real in den Ohren, wird aber nie wieder erklingen. Seine lebensfrohe Art und sein Sinn für den richtigen Witz an passender Stelle werden fehlen. All ihre Kerzen werden heute brennen. Entzündet an der Osterkerze. Heute am Ewigkeitssonntag; Da geht es um mehr, als um die Erinnerung. Heute strahlt die Hoffnung in die Trauer hinein. „Ich bin das Licht der Welt“, hat Jesus gesagt. Er, der mit seinem Tod und seiner Auferstehung bezeugt, dass er in den Tod besiegt hat, bis in alle Ewigkeit: „Wer mein Wort hält, wird den Tod nicht sehen in Ewigkeit“ hat Jesus versprochen (Joh 8,51). Heute erinnern wir uns an die Endlichkeit alles menschlichen Lebens und an die Hoffnung auf ein ewiges Leben. Beides gehört im christlichen Glauben zusammen. Wir hören die Namen der Verstorbenen und entzünden ein Hoffnungslicht für sie – und für uns.
Martina Neubarth,
Pastorin in Holterfehn